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Manche Menschen haben das Motto „Blos nicht zum Arzt, man könnte ja was finden“ Offenbar auch dieser „Kunde“

Ich erhalte einen Anruf. Die Patienten melden sich oft telefonisch an. Eine Frau ist am Draht. Ihr Partner habe so Atemnot und sehe „käsig“ aus. Ich bestelle sie ein.

Der Notfall ist brechend voll. Wir gehen in den Schockraum. Ich sehe einen 34-jährigen (!) Patienten, Marke Landwirt, adipös, bleich und sehr kurzatmig. Meine Pflege ist bereits in Aktion. Ich liebe meine Notfallpflege, die sind super! Blut wird abgenommen. Ich ordne eine arterielle Blutgasanalyse an. Globalinsuffizienz, d.h. zu wenig Sauerstoff im Blut, CO2 Retention. Etwas ist nicht ok. Ein EKG wird geschrieben. Es sieht komisch aus. Ich verlasse den Raum um es genau zu studieren. Rechtslage. Anzeichen einer beginnenden Rechtsschenkelblockierung. Tachykard. Die ST-Strecken sehen gut aus. Aber dies ist kein gesundes Herz. Der Patient ist 34. Ein Jahr älter als ich. Unterdessen hat meine Pflege die Vitalparameter erhoben. Ich sehe auf den Bildschirm und sehe weg und sehe wieder hin. „Ist das der Blutdruck“ Die Pflege guckt mich mit gehobenen Augenbrauen an und nickt. 256/170mmHg. Ich spreche den Patienten drauf an. Ja er habe immer so einen hohen Blutdruck. Okeeee. Die Freundin sitzt in der Ecke und guck mit mit einem wissenden Blick an. Sie wirkt resigniert. Offenbar redet sie schon länger an eine Wand.

Ich erhebe die Anamnese. Keine Krankheiten bekannt ausser dem Blutdruck. In letzter Zeit habe er viel Durst und neue Knöchelödeme. Nachts muss er 4-5x aufstehen und pinkeln. Er kann nicht mehr flach liegen und schläft im sitzen.

Die Anamnese erzählt mir genau was mir das EKG zeigt. Mittlerweile sind wir mit der Versorgung des Patienten fertig. Wir versuchen den Blutdruck vorsichtig zu senken. Der Patient inhaliert gerade. Obwohl er in der klinischen Untersuchung nicht obstuktiv klang versuche ich so seine Atmung zu verbessern. Der Blutdruck ist stur. Er senkt sich nur bis 200 systolisch.

Das Telefon klingelt und das Labor ruft mich an. Sie melden mir den Kreatininwert. 540mmol/l. Sie würden die Werte nochmal überprüfen. Auch das proBNP müsse sie verdünnen. Der aktuelle Wert wäre 25000.

Gut, jetzt haben wir neben der Herzinsuffizienz noch ne akute Niereninsuffizienz. Was kommt da wohl noch. Ich informiere meinen leitenden Arzt. Er kommt und sieht sich den Patienten an. Wir überlegen uns eine Verlegung ins Zentrum. Die Anästhesie will den Patienten lieber nicht auf unserer IPS überwachen, da wahrscheinlich noch die Notfalldialyse gebraucht wird. Dies machen wir nichts bei uns. Zudem befürchten wir, dass der Patient bald intubationspflichtig wird.

Ich beginne rumzutelefonieren. Das nächste Kantonsspital übernimmt den Patienten. Erneuter Anruf vom Labor. proBNP liegt bei 88128!

Die Rettung trifft ein und der Patient wird verlegt. GCS ist 15 und war es immer. Der Patient hatte keine neurologischen Symptome und uns auch keinen Anlass gegeben danach zu suchen.

Am nächsten Tag frage ich bei meinen Oberärzten ob sie was gehört hätten. Ja durchaus. Der Patient wurde nochmal verlegt. Er wäre eingetrübt und man hätte im 3. Spital eine Hirnblutung festgestellt. Ich bin ein bisschen geschockt und erkundige mich auf der Intensivstation des 3. Spitals nach ihm. Er ist mittlerweile intubiert und der Blutdruck wurde weiter gesenkt. Mehr wisse man noch nicht. Er lebt also noch. Ich soll mich nächste Woche nochmal erkundigen.

Der Patient leidet an einer sogenannten Hypertensiv emergency. Der hohe Blutdruck über die Jahre schädigte das Herz, die Nieren und führte nun auch zur Hirnblutung.

Meine Daumen sind gedrückt. Ob er es überlebt ist fraglich. Er braucht viel Glück.